Musik-Seminar Teil 6-a
Ab ca. 1938 entstand eine Gegenbewegung zu dem Stil des Orchesters von „Juan D’Arienzo“. Es waren nun nicht mehr alle vier Schläge des 4/4 tel Taktes hörbar. Es wurde mehr gedehnt und gestaucht im Rhythmus, und die Kontraste in der Lautstärke wurden verstärkt. Die gesamte Art zu spielen orientierte sich wieder mehr an der Melodie. Es ist die Spielweise der „Guardia Nuevo“ aber weiterentwickelt. Daneben bleibt die Spielweise der „Guardia Vieja“ weiter erhalten und entwickelte sich auch weiter.
Aníbal Troilo 1914 – 1975 (*Buenos Aires) Bandoneon
„Pichuco“, so nannte ihn sein Vater. Dieser Spitzname begleitete ihn sein ganzes Leben. Er hatte einen Bruder und eine Schwester. Als er 10 Jahre alt war, kaufte ihm seine Mutter ein Bandoneon. Mit diesem Bandoneon spielte er fast sein Leben lang.
Ein Jahr später, 1925 trat er zum ersten Mal in einer Bar auf. Mit 14 Jahren gründete er schon ein Quintett. Er spielte in vielen Orchestern mit: bei Juan Maglio (Pacho), bei Julio de Caro, bei Juan D‘Arienzo, bei Angel D‘Agostino und Juan Carlos Cobián. Im Dezember 1930 wurde er Teil des berühmten Sextettes des Geigers Elvino Vardaro, mit dem Pianisten Osvaldo Pugliese und Alfredo Gobbi. Er spielte das 2. Bandoneon, am ersten Bandoneon war Ciriaco Ortiz, den er sehr bewunderte und nachahmte.
Im Jahr 1931 war er zuerst Teil des Orchesters Juan Maglio, dann ab Mitte des Jahres 1931 war er Teil des Orchesters „Los Provincianos“ wo er wieder mit Ciriaco Ortiz zusammen spielte.
Sein eigenes Orchester gründete er 1937. Von 1937 – 1944 war Astor Piazolla Orchestermitglied und Arrangeur des Orchesters. Auch später arrangierte er noch viele Stücke für Troilo. Meist änderte Troilo seine Arrangements aber ab, indem er sie vereinfachte und das Wesentliche betonte.
Ab 1941 war sein wichtigster Sänger Francisco Fiorentino, welcher sich ausgezeichnet in das Orchester einfügte. Ab 1943 kam als Sänger Alberto Marino dazu, ab 1944 Floreal Ruiz.
Für viele zeitgenössische Orchester ist das Orchester von Anibal Troilo ein großes Vorbild bis Heute. Es gilt als eines der besten Tango-Orchester bei den Musikern, bei den Tänzern gilt besonders der spätere Troilo als schwierig. Man sagt, je länger man tanzt umso mehr liebt man Troilo.
Sänger: Francisco Fiorentino (Fiore)
Titel: PA‘ QUE BAILEN LOS MUCHACHOS 1942
Titel: Sencillo y compadre 1942
Titel: Toda mi Vida 1941, 3-3-2 Rhythmus bei: 0,44 1,40 2,40
Instrumental
Titel: Cordón de oro 1941, Arrangiert von Astor Piazolla
Titel: El Tamango 1941
Sänger: Alberto Marino
Titel: Cuando tallan los requerdos 1943 Sänger: Alberto Marino
Titel: Siga el corso 1944
Carlos Di Sarli 1903-1960 (*Bahia Blanca) Piano
Den ersten Teil der Biografie von Di Sarli finden sie im 4. Teil dieses Seminars
1934 verließ er sein Orchester aus unklaren Gründen und lebte dann in Rosario. 1935 kehrte er nach Buenos Aires zu seinem Orchester zurück welches in seiner Abwesenheit ohne ihn weitergespielt hatte. 1938 reorganisierte er sein zweites Orchester.
Der Geschmack des Publikums hatte sich aber etwas verändert, der Gesang wurde immer wichtiger. Jedes Orchester brauchte gute Sänger um erfolgreich zu sein. Bei D‘Arienzo sang Echagüe und bei Troilo Fiorentino, das waren ausgezeichnete Sänger, welche das Publikum liebte. Di Sarli suchte auch einen guten Sänger. Er lud den 16 Jahre alten Roberto Rufino ein. Rufino war ein großer Erfolg. Sein Gesang passte für dieses Orchester perfekt. Der Stil des Orchester war ohne große Solos ohne Spezialitäten aber war sehr perfekt. Di Sarli war sehr streng mit seinen Musikern und Sängern, oft übten sie tagelang bis Di Sarli mit einem Stück zufrieden war. Außergewöhnlich ist das Spiel der linken Hand von Di Sarli am Piano. Das man aber nur hört wenn man darauf achtet. Als seinen Mentor empfand Di Sarli sein Leben lang Osvaldo Fresedo.
Tangos mit Roberto Rufino
Titel: Cosas olvidadas 1940 Sänger: Roberto Rufino
Titel: Bien Frappe 1941 Sänger: Roberto Rufino
Titel: El Cielo en tus Ojos 1941 Sänger: Roberto Rufino
Interessant ist auch, dass Anfang der 40er Jahre die schnelle rhythmusbetonte Spielweise von D‘Arienzo einfach modern und beliebt war, so dass viele Orchester diese Spielweise in den instrumentalen Stücken nachahmten. Das findet man auch bei Di Sarli 1940 bei den instrumentalen Stücken.
Instrumental
Titel: Nobleza de Arrabal 1940 Instrumental
Titel: Shusheta 1940 Instrumental
Titel: El Opio 1940 Instrumental
1942 wurde Rufino 20 Jahre alt und musste zum Militärdienst und Di Sarli brauchte einen neuen Sänger: Er warb den 18 Jahre alten Alberto Podestá bei Miguel Caló ab. Der Anfang bei Di Sarli war für Podestá schwierig, da Di Sarli viel strenger als Miguel Caló war.
Tangos mit Alberto Podestá
Titel: Al Compas del Corazon 1942 Sänger: Alberto Podestá
Titel: Nido Gaucho 1942 Sänger Alberto Podestá
Titel: Va a Cantar un Ruiseñor 1942 Sänger: Alberto Podestá
Pedro Laurenz 1902 – 1972 (*Buenos Aires) Bandoneon
Er wurde zu Beginn des Jahrhunderts im schnell wachsenden Buenos Aires geboren und verbrachte seine Kindheit im Viertel Villa Crespo, wo in farbenfrohen, sozialen Kontrasten einheimische Compadritos und Malevos (harte Leute) sowie Spanier, Italiener, Juden, Araber und Türken nebeneinander lebten. Hier blühten berühmte Conventillos (im Allgemeinen ein- oder zweistöckige Häuser, mit mehreren Räumen und gemeinsamen sanitären Einrichtungen, Innenhöfe, die von Menschen gemietet wurden, die alle zusammen auf kleinem Raum und unter schlechten Bedingungen lebten).
Zuerst nahm er Geigenunterricht, wurde aber bald von seinen Brüdern überredet auf das Bandoneon zu wechseln. Er wurde ein hervorragender Bandoneonspieler, einer der besten der Tangogeschichte.
1925 Wurde er Mitglied im Sextett von Julio de Caro welcher die „Guardia Nuevo“ einleitete. Zuerst spielte er mit Luis Petrucelli Bandoneon, welcher aber bald durch Pedro Maffia ersetzt wurde. Laurenz war ein begeisterter Bewunderer von Pedro Maffia. Sie bildeten das Laurenz-Maffia-Duo mit dem sie bei Victor als reines Duo einige Stücke aufnahmen. 1926 verließ Maffia das Sextett und damit spielte Laurenz das erste Bandoneon. Der zweite Bandoneon war jetzt Armando Blasco.
1934 gründete Pedro Laurenz sein eigenes Orchester. Er nahm Armando Blasco und am Piano Osvaldo Pugliese mit. 1937 nahm er bei Victor den ersten Tango auf. Es war „Arrabal“. Dieser Tango gilt bei vielen als der erste Tango der neuen goldenen Epoche des Tangos der 40er Jahre. Dieser Tango war absolut revolutionär. Das Orchester von Pedro Laurenz spielte mit viel Kraft und vor allem Kreativität, dies blieb typisch für Laurenz auch für Pugliese.
Instrumental
Titel: Arrabal 1937 Instrumental 3-3-2 Rhythmus bei 1m
Titel: Orgullo Criollo 1941 Instrumental
Mit Juan Carlos Casas
Titel: Como dos Extraños 1940 Sänger: Juan Carlos Casas
Titel: De puro Guapo 1940, Sänger: Juan Carlos Casas
Mit Alberto Podestá
Titel: Que nunca me falte 1943 Sänger: Alberto Podesta
Titel: Yo quiro cantar un Tango 1943 Sänger: Alberto Podesta
Mit Carlos Bermudez
Titel: Llueve otra vez 1944 Sänger: Carlos Bermudez
Titel: La madrugada 1944 Sänger: Carlos Bermudez
Teil 6-b
Da am Anfang der 40er Jahre zu viele wichtige Orchester entstanden, kann ich nicht alles in den Teil 6 packen. Die 2. Hälfte dieser Zeit kommt im Teil 6-b.
Lieber Peter,
was eine Freude zum Vorfrühstückscafé zu lesen und zu hören was Du zusammengestellt hast. Toll, herzlichen Dank dafür ! Das sind ein paar schöne Highlights des Tango.
Ergänzend noch :Alberto Morino mit el viejo fueye (fuego?) hat mich heute morgen schon zu Tränen gerührt…. so schön !!!
Liebe Maren, das ist schön, dass ich dir eine Freude machen konnte.
Fueye ist richtig, es ist ein Spitzname für das Bandoneon und bedeutet Blasebalg.