Musik-Seminar Teil 2

Musik-Seminar Teil 2

Peter Wenger

Alma de Bandoneon 13.02.2001 Esther Wenger

Wie der Tango auf die Reise um die Welt ging.

Der Beginn lag ca. um die Jahrhundertwende mit der Reise von reichen Argentiniern nach Paris. Eine Quelle berichtet auch schon von einer Reise eines Franzosen nach Buenos Aires welcher schon 1895 den Tango bei der Rückreise nach Paris mitbrachte. Es waren Schallplatten und einige kleine Orchester aus Buenos Aires reisten nach Paris, es waren Quartetos, Trios und Duos. Sehr schnell entstand in Paris eine Tango-Mode, alle wollen Tanzen. Das Gleiche entstand kurze Zeit später in Berlin,Moskau, London, New York, Wien und Helsinki. Auch in Tokio gab es eine Begeisterungswelle, welche bis Heute anhält. Die Orchester in Paris waren: Eduardo Bianco und Bachicha, Francisco Canaro, Rafael Canaro Julio de Caro und natürlich Carlos Gardel und viele andere mehr. Es entstanden auch europäische Orchester in Paris, Berlin und Moskau. Es gab riesige Tanzpaläste in den Hauptstädten der Länder z.B. das Femina in Berlin mit Platz für mehr als 2000 Personen und 400 Tischen in 4 Stockwerken mit vier Tanzflächen. Dieser Erfolg schwappte natürlich zurück nach Buenos Aires und machte auch dort den Tango in der Oberschicht hoffähig.

Die elektrische Aufnahmetechnik

In dieser Zeit änderte sich auch die Technik für die Herstellung der Musikaufnahmen. Bis 1925 wurde die Aufnahme rein mechanisch gemacht. Das heißt das Mikrofon war ein Trichter mit einer Membran am Ende. An dieser Membran ein Hebel an welchem eine Nadel war, welche die Vibrationen der Membran direkt in eine Wachswalze, später Wachsscheibe einprägte. Und von dieser Wachsscheibe wurden dann Abdrücke gemacht.

Die Wiedergabe Qualität war natürlich recht schlecht. Erst die Erfindung des elektrischen Mikrofons und der elektrischen Schneidemaschine verbesserte die Qualität ganz wesentlich. Diese Musikaufzeichnungen im Tango gibt es seit 1926. Das heißt aber auch, dass wir aus der Zeit vor 1926 keine guten Aufzeichnungen haben.

Eduardo Bianco

1892-1959 aus Rosario hatte ein großes Orchester „Bianco-Bachicha“ in Paris mit 12-20 Musikern. Das Orchester war sehr berühmt und war von 1925-1931 in Paris. Danach war das Orchester viel unterwegs. Ab 1932 in Berlin dann UDSSR, Schweiz, Türkei, Bulgarien, Mittlerer Osten. Während des Weltkrieges am Deutschen Theater Berlin bis 1942.

Orquesta Típica Bianco-Bachicha: „Angustia“

Titel:Aserrín Aserrán

Die Zeit der Sextetos

Ab ca. 1925 wurden die Orchester größer und hatte oft feste Engagements in großen Räumen. Zum Beispiel das berühmteste Cabaret in Buenos Aires, das Chantecler eröffnete 1924. Zur Eröffnung spielte das Sexteto Julio de Caro. Die traditionelle Besetzung eines Sextetos war: 1 Piano, 1 Kontrabass, 2 Geigen und 2 Bandoneones.

In dieser Zeit der Sextetos spaltete sich die Spielweise der Orchester in 2 verschiedene Auffassungen: 1. die „Guardia Vieja“ und die „Guardia Nueva“ diese beiden Spielweisen blieben bis Heute nebeneinander erhalten, oft lassen sie sich aber nicht klar trennen.

Die „Guardia Vieja“

Die Guardia Vieja hat folgende Eigenschaften: Manche Musiker sagen die Tangos der „Guardia Vieja“ wurden im 2/4 Takt geschrieben. Der Grundtakt des 2/4 Taktes blieb bei den Begleitinstrumenten immer hörbar. Die Musik war wenig Melodie betont.

Typische Orchester der „Guardia Vieja“:

Eduardo Arolas 1892-1924 Bandoneonist:

Arolas hatte ein Quartet, aber da er schon 1924 starb, gibt es keine guten Aufnahmen von ihm.

Juan Maglio

1881-1934 in Buenos Aires (Palermo) Bandoneonist:

Juan Maglio war einer der wichtigsten Musiker in der „Guardia Vieja“, der alten Garde. Sein Spitzname war „Pacho“ und seine Schallplatten hatten einen reißenden Absatz, so dass man wenn man in Buenos Aires zu dieser Zeit eine Schallplatte kaufen wollte, sagte man zum Verkäufer: „dame un Pacho“ (geben sie mir ein Pacho) es war das Synonym für eine Schallplatte. Er war der erste Bandoneonspieler der eine Platte aufnahm mit einem Bandoneon-Solo. 1920 gründete er sein erstes Orchester in dem 1929 auch der 15 Jahre alte Anibal Troilo spielte.

Titel: „Tango Argentino“

Titel: „La Copa Del Olvido“

Roberto Firpo

1884-1969 Buenos Aires, Pianist:

Er war ein gut ausgebildeter Pianist und gründete sein erstes Orchester 1913. Von 1926-1928 hatte er eine Jazzband.

Teilweise gleichzeitig hatte er ein Sexteto (1926-1943) mit dem er sehr viele Tangos, Valses und Milongas aufnahm. Er spielte in vielen berühmten Häusern.

1936 bildete er dazu noch ein Quarteto mit welchem er bis 1959 auftrat und Platten aufnahm.

Er hat viele Tangos Komponiert, viele davon werden immer noch gerne von vielen Orchestern gespielt: Alma de bohemio, Argañaraz, Sentimiento criollo, De pura cepa, Marejada, El compinche, El ahorcado, Fuegos artificiales, Didí, El bisturí, El amanecer, El gallito, El rápido, Vea Vea, El apronte, Montevideo, La carcajada

Orquesta Roberto Firpo con Carlos Varela 1930 „Verdad que no te irás“

Orquesta Roberto Firpo 1928 Titel:„Año nuevo“:

Francisco Canaro

1888 – 1964 San Jose de Mayo Uruguay : Violine

Die Familie übersiedelte 1900 nach Argentinien. Francisco spielte dann in verschiedenen Trios gründete dann ein Orchester welches dann sich mit dem Orchester von Roberto Firpo vereinigte. 1925 gründete er das erste Orchester welches seinen Namen trug. Es war ein Sexteto.
Juan Canaro 1892 Jose de Mayo Uruguay, Bandoneon.
Mario Canaro 1903 Buenos Aires, Violine
Rafael Canaro 1890 San Jose de Mayo Uruguay, Kontrabass. Rafael lebte die größte Zeit seines Lebens in Europa und hat dort viele Tangos aufgenommen.

Alle diese Canaros spielten zu verschiedenen Zeiten im Orchester von Francisco Canaro. Das Orchester von Francisco Canaro war äußerst produktiv . Man sagt in Buenos Aires, das Orchester von Francisco Canaro ist kein Orchester, es ist eine ganze Firma mit einer Filiale in Europa. Er erweiterte beim Sexteto die Geigen Sektion und die Bandoneon Sektion und schuf damit das erste Orquesta Tipica. 1927 stellte er einen Sänger (Augustin Irusta) als festes Orchestermitglied ein. 1929 die erste Sängerin (Olinda Bozan) als Orchestermitglied. Er nahm 1933 die erste Milonga auf. Er hat im Laufe seines Lebens 5916 Tangos, 927 Valses und 356 Milongas aufgenommen. Er experimentierte viel mit verschiedenen Instrumenten, er setzte als erster das Violoncello im Tango ein. Im März 1925 reiste Francisco mit seinem Orchester und Rafael und Juan nach Paris. Paris war ein riesiger Erfolg für das Orchester.

Besonders interessant sind die Aufnahmen von 1928-1934 sie sind geprägt von großer Experimentierfreude und Kreativität, danach nimmt das stark ab.

Francisco Canaro hatte auch viele Auftritte in Cabaretts. Dabei war oft der Sänger und bei Canaro meist eine Sängerin die Solistin, der Star. Und das Orchester begleitete sie. Das ist eine andere Form des Tangos es ist die sog. Liedform, besteht meist aus nur 2 Teilen und die Sängerin singt außer der Einleitung das ganze Stück durch. Das ist also keine Tanzmusik.

Als Beispiel: „Alma de Bohemio“ von 1929 mit Ada Falcon

Es gibt eine ganze Menge von Tangos von Canaro mit dem 3-3-2 Rhythmus den ich im ersten Teil gezeigt und erklärt habe. Im Tango tritt dieser Rhythmus meist in einer halben aber ab und zu auch in einer ganzen Phrase auf. Da die Rhythmusinstrumente weiter den 4/4 Takt spielen, fällt dieser ungewöhnliche Rhythmus sehr auf.

Hier drei Beispiele alle Ende der 20er Jahre:

Titel: „Don Juan“ 1929 der 3-3-2 Rhythmus beginnt etwa bei 1m 10s dazu hat dieser Tango auch noch viel gewöhnliche Synkopen, sehr interessant zum Tanzen.

Titel: „Lunes“ 1927 der 3-3-2 Rhythmus beginnt etwa bei 1m 36s und 2m 10s interessant

Titel: „Canaro“ 1927 der 3-3-2 Rhythmus beginnt bei 2m 10 s

Weiter geht es im Teil 3

4 Replies to “Musik-Seminar Teil 2

  1. Lieber Peter,
    es ist super, was du hier machst! Ich lerne dazu und empfehle dich auch gerne weiter. Außerdem auf diesem Wege herzliche Grüße an Esther und dich.

  2. Hallo Peter
    Bin auf der Suche nach bedeutenden Sängern eher zufällig auf Deine Seite gestossen und habe Riesenfreude. Da finde ich doch noch einiges, was ich nicht kannte. Gehe Deine Seiten jetzt durch, nachdem ich sie erst nur überflog.
    Vielen Dank für Deine Arbeit damals.
    Wäre schön, wenn Dein Werke auf CD erhältlich wäre. (?)

    Liebe Grüsse, Bruno (angehender TDJ, sobald die Tanzanlässe wiedervollmöglich sind), alias DJ Bruno Rico, Schweiz

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